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Nikolai Kapustin

Nikolai Kapustin

Komponist:in

1937 — 2020
Nikolai Kapustin wurde am 22. November 1937 in Gorlowka (Ukraine) geboren. Im Alter von 14 Jahren zog er nach Moskau, wo er zunächst Klavierunterricht bei Awrelian Rubach nahm. Rubrach, ein Schüler von Felix Blumenfeld, der unter anderem auch Vladimir Horowitz unterrichtete, unterstütze Kapustin in seiner zunehmenden Begeisterung für Jazzmusik. Ab 1956 begann Kapustin sein Studium bei Alexander Goldenweiser am Moskauer Konservatorium, das 1961 mit einem Diplom abschloss. In dieser Zeit spielte Kapustin in mehreren Jazzformationen: Er hatte ein eigenes Quintett und war Mitglied in der Bigband von Juri Saulskis. Hier trat Kapustin nicht nur als herausragender Pianist in Erscheinung, sondern hatte 1957 mit dem für die Bigband geschriebenen Concertino für Klavier und Orchester op. 1. einen ersten Durchbruch als Komponist. Nach dem Studium schloss Kapustin sich dem Orchester von Oleg Lundstrem an, für das er weitere Werke komponierte und auf zahlreichen Tourneen durch die Sowjetunion als Pianist wirkte. Von 1972 bis 1977 arbeitete Kapustin mit dem Orchester von Boris Karamyschew, das nun auch Streichinstrumente enthielt. Ein Umstand, der sich auf die Komposition seines Klavierkonzerts Nr. 2 op. 14 auswirken sollte, dessen Besetzung im Gegensatz zum Vorgänger auch Streicher vorsah. 1980 wurde Kapustin mit einer Aufnahme in den Sowjetischen Komponistenverband geehrt, was ihn zu einer vermehrten kompositorischen Tätigkeit ermutigte, die er ab 1984 freiberuflich verfolgte. In seiner Musik verwendet Kapustin Stilelemente des Jazz im Rahmen klassischer Formenstrukturen und Charaktere wie Sonate und Sonatine, Concerto, Präludium, Fuge, Suite, Variationsatz, Nocturne und Berceuse. Ein herausragendes Beispiel sind neben der Suite in the Old Style op. 28, die 24 Preludes and Fugues op. 82, in denen Kapustin dem Vorbild Bachs, Chopins, Scriabins und Schostakowitschs folgend, alle 24 Tonarten systematisch abbildet. Fast alle Stücke zeichnet eine lebhafte Virtuosität aus, die in ihrer unablässigen rhythmischen Motorik und Aktivität an Bachs Klaviersätze erinnert. Trotz des durchgängig hörbaren Jazzidioms seiner Musik sah sich Kapustin selbst weniger als Jazzmusiker: "Ich habe nie versucht, ein wahrer Jazzpianist zu sein, aber ich musste es sein, um des Komponierens willen. Ich interessiere mich nicht für Improvisation – und was wäre ein Jazzmusiker ohne Improvisation? Alle Improvisation meinerseits ist natürlich niedergeschrieben und sie ist dadurch viel besser geworden; es ließ sie reifen." Insgesamt umfasst Kapustins Œuvre über 100 Opera. Neben seinen sechs Klavierkonzerten und zehn weiteren Werken für Klavier und Orchester schrieb Kapustin reine Orchesterwerke wie Sinfonietta in Four Movements op. 49 und Chamber Symphony op. 57 sowie zwei Solokonzerte für Cello und eines für Saxophon. Seine Werke für Klavier solo schließen unter anderem zwölf Sonaten, zehn Bagatellen, acht Etüden ein. Lange Zeit war Kapustins Schaffen auch in seiner Heimat wenig bekannt. Seit den 2000er Jahren wurde seine Musik jedoch von Pianist:innen wie Steven Osborne, Marc-André Hamelin, Yuja Wang sowie zuletzt von Frank Dupree entdeckt und einer breiteren und wachsenden Hörerschafft bekannt gemacht.