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Wolfgang Schneiderhan

Wolfgang Schneiderhan

Violine

1915 — 2002
Der Österreicher Wolfgang Schneiderhan war ein begnadeter Geiger, verehrt vor allem im deutschsprachigen Raum wegen seines gestochenen Spiels in Einspielungen von Werken der Wiener Klassik. Klare Artikulation, perfekte Intonation, ein kantabler Ton, sparsames Vibrato und geistige Durchdringung – all dies prädestinierte ihn für dieses Repertoire. Er schrieb Kadenzen zu den Konzerten von Mozart und Brahms und adaptierte die Klavierkadenzen aus Beethovens Transkription seines Violinkonzerts für die Geige. Seine Mozart-, Beethoven- und Schubert-Aufnahmen waren besonders bekannt, aber Schneiderhan hatte darüber hinaus auch ein intensives Interesse an zeitgenössischer Musik. Er stand in engem Kontakt zu Hans Werner Henze und spielte dessen Erstes Violinkonzert ein. Gemeinsam mit seiner Frau, der Sopranistin Irmgard Seefried, wirkte er 1964 an der Uraufführung von Henzes Ariosi beim Edinburgh Festival mit. Auch übernahmen Schneiderhan und Seefried die Uraufführungen eigens für sie komponierter Werke, darunter Rolf Liebermanns Capriccio sowie das Magnificat und das Maria-Triptychon von Frank Martin. Schneiderhan wurde 1915 in Wien geboren, erhielt mit drei Jahren von seiner Mutter die ersten Geigenstunden und galt von seinem fünften Lebensjahr an als Wunderkind. Von 1922 bis 1928 studierte er bei Otakar Ševčík, berühmt für seine Violintechnik, und von 1925 zudem bei Julius Winkler, dessen weniger virtuosen und stärker interpretatorischen Ansatz Schneiderhan später als entscheidend für seine Entwicklung bezeichnete. Ende der 1920er-Jahre arbeitete er bereits an einer internationalen Solokarriere, verfolgte aber auch eine beeindruckende Orchesterlaufbahn als Konzertmeister bei den Wiener Symphonikern (1933-1937), dem Orchester der Wiener Staatsoper (1937-1938) und, nach dem sogenannten Anschluss, den Wiener Philharmonikern (1938-1950). Im Jahr seiner Anstellung bei den Philharmonikern gründete er gemeinsam mit den Stimmführern Otto Strasser, Ernst Morawec und Richard Korschak das Schneiderhan-Quartett. Zu den Bewunderern dieses Ensembles, das bis 1951 bestand, gehörte Richard Strauss, der regelmäßig dessen Konzerte besuchte und es 1942 mit der Erstaufführung des Sextetts aus Capriccio betraute. Im Nationalsozialismus baute Schneiderhan seine Karriere aus. Er trat 1940 in die Partei ein und stand 1944 auf Goebbels’ »Gottbegnadeten-Liste«. 1946 wurde er rehabilitiert und konnte so fast ohne Unterbrechung als Musiker weiterarbeiten. Von 1948 folgte er Georg Kulenkampff nach in einem höchst renommierten Klaviertrio mit Edwin Fischer und dem Cellisten Enrico Mainardi. Anfang der 1950er-Jahre verlagerte er den Schwerpunkt seines Musizierens auf das Solospiel. Zu seinen Partnern zählte Wilhelm Kempff, mit dem er 1962 maßgebliche Einspielung aller zehn Beethoven-Violinsonaten vorlegte. Schneiderhan war zeitlebens ein gefragter Lehrer. Er hatte Professuren inne am Mozarteum Salzburg (1938-1956), an der Hochschule für Musik in Wien (1939-1950, 1975-1985) und am Konservatorium Luzern, wo er – in der Nachfolge von Größen wie Carl Flesch und Georg Kulenkampff – von 1949 an mehrere Jahrzehnte lang Meisterkurse unterrichtete. Darüber hinaus gehörte er zu den prägenden Künstlern in der Geschichte des Lucerne Festival: Er gab dort zwischen 1949 und 1986 nicht weniger als 42 Konzerte und gründete 1956 gemeinsam mit seinem Schüler Rudolf Baumgartner die Festival Strings Lucerne. Schneiderhan starb am 18. Mai 2002.